Im Internet Zaubersprüche aus Märchen finden?

Zaubersprüche und Internet. Wie könnte man die Konstellation moderner Technik und althergebrachter Denkweise besser auf den Punkt herunterbrechen als einfach mit diesen zwei Worten? Hier wird klar, dass das Internet Eingang gefunden hat, in das Traditionsdenken der Menschen, dass wirklich jede Ecke menschlicher Besonderheiten und jeder verwinkelte Schlupfort von Historie vom Mantel der elektronischen Kommunikation umfangen wird.

Zaubersprüche – in der Vorstellung, es könnte sie geben, liegt die verborgene Sehnsucht der Menschen nach einfachen, schnellen Lösungen, der Wunsch, durch das Menschsein bedingte Grenzen und Behinderungen einfach durch das Aufsagen eines Sprüchleins zu überwinden, positive Dinge aber auch abscheuliche Gräuel zu verwirklichen. Zaubersprüche sind eng verwoben mit Mystik, mit Religion. Gebete sind manchmal nichts Anderes, als Versuche, vielleicht Wunder zu bewirken. Sogar in unseren Alltag hinein haben sich Zaubersprüche überliefert. Das „Glück auf“ der Bergmänner, das „Toi toi toi“ der Schauspieler – nichts anderes als Fragmente, Relikte von Zaubersprüchen. Um die Zaubersprüche, die in vielen der klassischen Märchen vorkommen, im Internet zu finden, muss man sich wohl oder übel mit der Materie beschäftigen. Einfacher haben es da die Fans moderner Märchen wie Harry Potter. Ganze Seiten voller Zaubersprüche stehen zur Verfügung, peinlich genau aufgelistet mit ihrer Bedeutung.

Zaubersprüche erleben eine Renaissance in unserer Zeit, die einen so großen Mangel an Wundern aufweist. Das Wunschdenken scheint eine Flucht aus der herben Realität zu sein. Und so manches Mal scheinen sie auch zu wirken, die verwunschenen Sprüche. Mehr wie ein Placebo bei einem Grippekranken vielleicht, aber immerhin. Probieren geht über Studieren, und wer daran glaubt, dem gelingen die unmöglichsten Dinge.